Parchimer Radsporttage

ImageImage+++ Parchim lockte mit Sommer, Sonne, Radrennen +++ stürmischer Empfang der anreisenden Picardellics +++ 120 Kilometer unterm Regenbogen in die untergehende Sonne +++ Jantel wieder einmal wohlbehalten im Ziel +++ Rudi trotz Feldankunft zufrieden +++ Michi, die Kette und das kleine Blatt - eine dramatische Geschichte von schmutzigen Fingern und erfolglosen Aufholjagden (in Kürze hier) +++ der Sonntag - ein Tag der Geschichte schrieb +++ Jantel knüpft im Goldlöckchenrennen nahtlos an längst vergessen geglaubte Leistungsspitzen an +++ Rudi mit exakt identischer Platzierung im morgendlichen Rennen der erfahrenen Männer +++ vollständiger Bericht spätestens Mittwoch +++ versprochen +++

 

Samstag, 12.07.2008, kurz vor Parchim begrüßte uns ein stürmischer Gewitterguss. Trotzdem wir Picardellics es seit jeher gewohnt sind von tobenden, heulenden, ekstatischen Massen umgeben zu sein, machte sich doch allmählich Entsetzen in uns breit. Mit schreckgeweiteten Augen beobachteten wir

aus dem sicheren und warmen Kfz heraus, wie sich das Jedermannfeld, nur wenige hundert Meter vor dem Frauenfeld, erbittert gegen die tobenden Fluten und den tosenden Wind stemmte. Die Fahrer kämpften verbittert um jeden Meter Strecke. Hier kämpften verzweifelte Menschen immer weniger um Minuten und Sekunden, sondern immer mehr mit den ungezügelten Urgewalten der Atmosphäre. Beim Anblick dieses menschgewordenen Leides wurde uns klar, weshalb Neumi seinen Start beim Jedermannrennen der Parchimer Radsporttage so kurzfristig abgesagt hatte. Ausgezehrt und untergewichtig, hätte ihn die übergroße Oberfläche seiner voluminösen Schenkel zu einem willenlosen Spielball des peitschenden, norddeutschen Sturmes gemacht. Während wir uns tollkühn und optimistisch den Wetterunbilden und dem anberaumten Wettstreit stellen wollten, saß Neumi bei Kaffee und Kuchen (sächsische Eierschecke, eine Donauwelle und zwei Windbeutel) im heimischen Sessel und addierte seine Trainingskilometer.

Die Rückfahrt am Sonntag verlief, betrachtet man das Wettergeschehen, invers: Es begann bereits kurz nach unserem Aufbruch in Parchim zu regnen. Der Regen endete wiederum kurz nach unserer Ankunft in Dresden. Und das waren sie auch schon die wesentlichen Wetterhighlights des Wochenendes. Um den Bericht noch etwas abzurunden, vielleicht noch einige, kurze und wie immer subjektive Anmerkungen zum Renngeschehen von den drei Rennen mit ein klein wenig Picardellicseinflußnahme.

Das B/C-Rennen am Samstag wurde etwas später gestartet, da die Frauen länger als vorgesehen gegen den Wind kämpften. Die Straße war bereits abgetrocknet und die letzten Wolken verzogen sich, während wir auf den Start warteten. Die Sonne wärmte uns den Rücken und fast alles war perfekt. Leider eben nur fast alles, da das aufbrandende Getacker der Goldlöckchen in ihren weißen Höschen zunehmend nervte. Kurze bevor die Jugend dieser Welt die Probleme dieser Welt verbal geklärt hatte, schnappte sich der Organisator das Mikro und nutzte Sprache um Inhalte zu transportieren. Das Ordnungsamt hatte behördliche Bedenken gegen die ursprüngliche Streckenplanung angezeigt und so musste das Ziel verlegt werden. Damit verlängerte sich die zu absolvierende Strecke, um eine Runde, auf 120 Kilometer. Zwei typisch norddeutsche Steigungen waren zu überwinden. Der Einheimische nennt diese Steigungen stoßatmend und mit sehr andächtigem Blick "Berge". Die aus dem Süden der Republik stammenden Starter lächelten darüber. Und knapp 2/3 der 130 Starter lächelten die gesamte erste Runde. Schon in der zweiten Runde wirkte das Lächeln gekünstelt und ab der dritten Runde war das schweigsame, starr blickende Ende des Feldes gut besucht. Die Steigungen standen ruhig und klaglos.

Michi, bislang in dieser Saison mit recht wenig Rennerfahrung gesegnet, nahm die Ansage "Berge" wörtlich und wollte zu Beginn der ersten Runde sein sauberes, kleines Blatt nutzen.

Das kleine Blatt, ein durchaus sinnvolles Instrument beim Grundlagentraining zwischen November und Oktober oder im Hochgebirge bildet das kleine Blatt ein wesentliches Werkzeug zum Bezwingen der Überhänge unter Beibehaltung der gewählten Geschwindigkeit. Auch im Zuge der zunehmend disziplierteren, gemeinschaftlichen Vereinsausfahrten finden sich immer wieder längere Passagen für den zweckmässigen einsatz eines kleinen Blattes, aber im Rennen der Elite, der Männer, das kleine Blatt? Michi ?!

Michi, immer bereit wettkampftaktisches und materialtechnisches Neuland zu betreten, versuchte allen überholten Traditionen trotzig Paroli zu bieten. Und er fiel tief von seinem hohen Ross namens Innovation. Erst fiel seine Kette von dem kleinen Blatt, kurz darauf fiel er aus dem Feld. Zügig schwang er den Werfer hin und her. Die Kette lag dabei sicher und ruhig links neben dem kleinen Blatt. Schon weniger zügig schwang sich Michi, das Ausmaß seines Fehlers bereits erahnend, vom Rad, griff sich tapfer die Kette und legte sie liebevoll an die richtige Stelle. Wieder im Sattel und 300 Meter hinter dem Feld, die Steigung noch vor sich, ereilte ihn endgültig die Offenbarung. Es dauerte trotzdem noch eine halbe Runde, bis sich Michi seinem Schicksal beugte und das Rennen allein und weit hinter dem Feld beendete.

Zu dem Zeitpunkt hatten sich schon 6 Fahrer vom Feld gelöst. Das Tempo blieb trotzdem noch immer hoch, da sich immer wieder einzelne Grüppchen lösen wollten. Der starke Wind und eine große Anzahl engagierter Fahrer führten das Feld jedoch immer wieder zusammen. Das hohe Tempo richtete bei einzelnen Wolfsburger Fahrern ein wahres Blutbad an. Deren plötzlicher Blutsturz aus Nase und Ohren badete das Feld in einem Meer von Blut. Als wären Sie in Drachenblut gebadet worden und nun unverwundbar, sprangen kurz nach dem Gemetzel in einer Wolfsburger Nasenhöhle sechs Fahrern vom Feld weg. Den winzigen Moment meiner Unaufmerksamkeit ausnutzend (ich kämpfte immer noch mit dem inzwischen gerinnenden Blutopfer des Wolfsburgers), kam der Borgsdorfer Busch mit der Gruppe weg. Bis ich endlich sauber und startklar war, war alles zu spät und ich heftete mich von nun an wie Pattex an Sinske.

Jantel, immer noch im Feld und erstaunlich frisch wirkend, lehnte meine Offerte einer gemeinsamen Attacke mit sehr sparsamen Bewegungen ab, zeitgleich löste sich Sinske mit 5 Mann vom Feld. Ein einzelner Fahrer hing zwischen der Gruppe und dem Feld. Heftig am Lenker reißend, wuchtete ich mich zu dem Fahrer. Wir wechselten einige Male durch, bis der gelockte Jungspund das Interesse am Radsport verlor und mich ohne ein weiteres Wort in Richtung Feld verlies. Meine Augen fest auf die Gruppe vor mir gerichtet, verdrängte ich alle Gedanken an eine Zukunft und konzentrierte mich nur noch auf den nächsten brennenden Atemzug. Rechtzeitig vor dem zweiten Anstieg der letzten Runde war ich an der Gruppe dran und versuchte den Schmerz wegzuatmen. Die Muskulatur der Beine gehorchte schon wenige Minten später den Befehlen menes Wilens, der stechende Rückenschmerz wich einem dumpfen Drück und selbst das räumliche Sehvermögen stellte sich, vorerst schwarz-weiß, wieder ein. Die Gruppe lief allerdings trotz aller Mühen nicht und so schloss das Feld an der Steigung wieder auf.

An der letzten Steigung konnte sich nochmals eine kleine Gruppe vom Feld entfernen. Ich verträumte wieder einmal den entscheidenden Moment und blickte mit Tränen in den Augen Sinske hinterher. Das nahe Ziel witternd, versuchten nun einzelne Fahrer immer wieder wegzuspringen. Wieder lies ich mich auf eine Allianz mit einem Goldlöckchen ein und wurde wenig später heftig enttäuscht. Erst einige Köpenicker Fahrer ,mit deutlich mehr Lebenserfahrung und Durchhaltewillen, erlösten mich aus meiner Einsamkeit und wir näherten uns gemeinsam den Fahrern an der Spitze. Die finanziell attraktiven Platzierungen waren allerdings bei unserem Eintreffen im Ziel schon lange vergeben..

In der Abendsonne rollten locker zurück nach Parchim und genossen gemeinsam den nachlassenden Schmerz. Als Jantel vernahm, dass ich keinen gesteigerten Wert auf eine Rundenhatz mit den Goldlöckchen am Sonntag lege und deshalb mit den erfahrenen Masters starte, plante er überstürzt seine Abreise. Gutes Zureden und gutes Essen hielen ihn noch in Parchim. Der Sonntag brach an und es kam alles ganz anders als jemals gedacht.

Inspiriert von meinem morgendlichen Erfolg in der 4. Wertung, ergriff Jantel waagemutig, tollkühn und vehement bereits wenige Sekunden nach dem Start des B/C-Kriteriums die sich ihm bietende Chance. Er sicherte sich im ersten Wertungssprint den 3. Platz aus der Ausreißergruppe heraus. Zurück im Feld, bereute er sofort, auf die Ruhe an der Spitze verzichten zu müssen. Einer der Cottbuser Fahrer, bereits in Schenkendöbern auffällig geworden, durch seine Kakophonie ohrenbetäubender Geräusche, hielt das Feld mit neuen, ohrenbetäubenden Geräuschen akustisch unter Kontrolle. Jantel versuchte verzweifelt ob des infernalischen Lärms ein weiteres Mal vom Feld wegzukommen. Seinem bärenstärken Antritt hatte die rechte Schuhplatte nur wenig entgegenzusetzen und lösste sich in eine Atomwolke auf. Dem offensiven Knarren, Quietschen und Kreischen seines müden Materials war es sicherlich geschuldet, das keiner der Fahrer einen klaren taktischen Gedanken fassen konnte oder gar Absprachen zwischen den Fahrern einer Mannschaft in Gang kamen. Dadurch hielten sich die drei Ausreißer bis ins Ziel an der Spitze. Ihr Vorsprung von stellenweise mehr als einer Minute, sicherte ihnen den überwiegenden Teil der Wertungspunkte und außerdem die Ruhe, die man zum partnerschaftlichen Radeln benötigt.

Aus dieser komplexen Konstellation heraus reichten Jantel die beiden erkämpften Wertungspunkte, um auf dem siebten Platz der Ergebnisliste zu erscheinen. Arm in Arm zogen wir durch die Parchimer Lokale und feierten unser beider triumphale Platzierungen des hektischen Gehetzes durchs Gewerbegebiet Parchims. Erst als die Siegprämien verprasst und die Alkoholschleier sich lichteten, machten wir uns müde und erschöpft auf die Rückreise zu unseren Frauen, erinnert sich

Thomas

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