Auf der Jagd
Da die teuren Weihnachtsgeschenke an die Familie schon fast wieder vergessen sind, es seit Neujahr keinen Urlaub mehr gab und der durchschnittliche Trainingskilometer immer länger wird, braucht es immer im Mai mal eine kleine Auszeit von Arbeit und Training, und einen netten, kleinen Ausflug mit der Familie.
Nun trifft es sich gut, dass die Reiterhorden der Sorben, welche zu Barbarossas Zeiten die Lausitzer Steppen bevölkerten, vor rund 800 Jahren sesshaft wurden und an der berühmten Via Regia ihre Metropole Kamjenc errichteten. Kamjenc, obersorbisch für „Kleiner Ort am Stein“ ist seitdem ein beliebtes Ausflugsziel für die Nachfahren der Lausitzer Ureinwohner. Immer, wenn der Wind weht, und das Gras anfängt zu sprießen, greifen sich diese ehemaligen Jäger und Sammler ihre Familien und zeigen diesen wie das Leben war, vor 800 Jahren. Die Jurten stehen nicht mehr, und auch das Pferd hat ausgedient.
Was aber bleibt ist der kleine Ort, der Stein, und ein hochgezüchtetes Haustier namens Drahtesel, welches, je nach Kondition des Reiters, eher wie ein Esel lahmt oder eher wie ein Pferd galoppiert.
So geht in altgedienter Arbeitsweise der Mann jagen und die Frau sowie der Greis mit den Kindern sammeln.
Das Sammeln ist leicht erklärt, es macht der ganzen Familie Spaß und besteht vorrangig darin, Sachen mit vielen Kalorien zu finden – nicht schwer, seit der Entdeckung des Grills.
Der Mann hingegen begibt sich in sein Revier, den Stein. Der Stein hat einen Umfang von etwa 13 km und die Erfahrung lehrt: er muss sechs Mal umritten werden, dann hat man genug von der Jagd.
Während der ersten Umrundung des Steins wird erst einmal das Revier abgesteckt. Die verschiedenen Lausitzer Sippen beäugen sich misstrauisch, will doch jeder das Mammut für sich haben. Da nichts so richtig geschehen mag, greifen die gewitzten Sippen aus Görlitz, Cottbus und aus Höhenpunkt zu einer List: sie entsenden bei der zweiten Umrundung des Steins eine dreiköpfige Vorhut, die Runde für Runde vor der Jagdmeute hereilt. Diese Vorhut möchte das Mammut aber selbst erlegen, und vergrößert so ihren Vorsprung auf den Rest der Jagdmeute. Als die thüringische DKV-Sippe und die Dresdner Picardellics die Gefahr bemerken, macht sich Christian mit zwei Begleitern auf die Verfolgung der vermeintlichen Vorhut. Görlitz, Cottbus und Höhenpunkt bangen um die Früchte ihrer Arbeit, und Christian wird samt seiner Begleiter während der dritten Umrundung des Steins wieder gestellt. Daraufhin versucht Ludwig zumindest noch einige Reste des schon so gut wie erlegten Mammuts oder zumindest einen kleinen Feldhasen zu ergattern, doch niemand möchte ihn auf seiner Jagd begleiten, er muss den Stein also mehrmals allein umrunden. Die Picardellics versuchen durch trickreiche Manöver die Jagdmeute zu bremsen und dies gelingt drei Umrundungen wunderbar, doch dann fangen die Mägen der DKV- und der BikeTech-Sippe dermaßen an zu knurren, dass sie doch noch mal anfangen mit einer ernsthaften Jagd. Ludwig wird im Vorbeigehen verspeist, und eine wilde Treibjagd setzt ein. Zoltan, Fabian und Mario vernaschen schon längst gemütlich ihr Mammut, als der Rest der Jäger eintrifft; die streng hierarchische Ordnung der Sorben (der stärkste kriegt das größte, der schwächste das kleinste Stück) führt dazu, dass Sven und Michi das siebt- und achtgrößte Stück ihrer Altersklasse bekommen, und Thomas D., Dirk und Neumi das sechst-, acht- und neuntgrößte Stück der Ü40-jährigen Sorben. Ludwig, Holger, Christian, Jan und Thomas R. lecken nach getaner Arbeit mal kurz am Teller und essen sich dann zu Hause satt.
Natürlich geht nicht jede Frau und jeder Greis sammeln. Das Jagdfieber packt auch unseren Martin und unsere Solveig, die furchtlos ihre Messer wetzen und weder dem Mammut noch den anderen Sippen etwas schenken. Sie lassen sich nicht überlisten und sind mit den Ersten beim Zerlegen eines Mammuts, welches nach vier Umrundungen des Steins erlegt werden konnte. Solveig kriegt das zweitgrößte Stück dieses Mammuts kaum runter; Martin kann ihr nicht helfen, denn sein viertgrößtes Stück ist ebenfalls riesig.
Leckere Veranstaltung, nächstes Jahr gehen wir in Kamjenc wieder mit viel Hunger jagen.