Van der Valk - 3. Etappe

Allmählich tröpfeln die Fahrer zurück ins Ressort. Einige wenige Fahrer kommen in ihren Teamfahrzeugen an, andere haben die 50 Kilometer vom Zielort Sternberg zum Ausrollen genutzt. Ein Teil der Renner sitzt im Bus des Veranstalters und lässt sich nach 118 selbst gefahrenen Kilometern chauffieren.

Auf den Spuren der Wahrheit heftet sich ein Reporter an die Fersen der Picardellics, um die Geschehnisse des Tages für die Nachwelt zu erhalten. Er scheitert jedoch an der verschlossenen Ferienhaustür. Auch nach intensivem Klopfen reagiert niemand. Die Vorhänge sind zugezogen und verbergen die Bewohner vor seinen neugierigen Blicken. Nach langem Suchen findet sich ein kleiner Spalt an einem Fenster. Schaudernd wendet sich der Reporter ab und eilt mit großen Schritten durchs Ressort.

Entsetzliches muß auf der Etappe vorgefallen sein. Warum sonst sollte Picco mit Elektroden an den Beinen gemartert werden? Welchen Fehler muss man begangen haben, um zum Konsum des nachmittäglichen Fernsehprogramms bestraft zu werden? Und dann waren da noch diese grausamen Geräusche aus dem oberen Stockwerk. Im ersten Moment für den unbedarften Zuhörer als Schnarchen einzuordnen, konnte der erfahrene Rundfahrer deutlich das Knurren mindestens eines hungrigen Magens ausmachen. Hatten die Picardellics ihre großen Ziele des Vortages nicht erreicht? Zerfleischten sie sich jetzt selbst? Eine Ergebnisliste würde Klarheit bringen.

Die Suche nach einer Ergebnisliste blieb erfolglos. Da besann sich der eifrige Reporter auf seine Ausbildung und interviewte einige Rundfahrteilnehmer.

 

Frage.: Hallo. Du bist heute auch mitgefahren? Wie war es?

Anwort: Grausam. Das Pflaster gehört verboten. Bei uns in Stuttgart hats  ordentliche Straßen. Hier in der Nord-Ost-Ecke ist das schon sehr gewöhnungsbedürftig.

 

F.: Gab es technische Probleme?

A.: Mein Sitzpolster hat sich überdehnt und Löcher in die Hose gerissen. Und bevor ich mit den Hamburgern verwechselt werde, mache ich mich auf die Suche nach Nadel und Faden. Wir Fellbacher sind halt ordentliche Leut.

 

... eilig entfernt sich der Schwabe, noch bevor wir die nächsten Fragen loswerden können.

 

Da nähert sich ein weiterer Fahrer. Das Mikro ausgerichtet gehen wir auf ihn zu.

 

F.: Hallo. Hast Du einen Moment Zeit?

A.: Was gibt's den?

F.: Du bist mit dem Feld angekommen?

A.: Ja. Heute konnte sich keine Gruppe lösen. Erst auf den letzten 4 Kilometern haben sich vier Mann wenige Sekunden absetzen können. Sie konnten sich und den Vorsprung ins Ziel retten. Hinten sind einige an dem 12 prozentigen Anstieg rausgefallen. Gut die Hälfte ist nicht mit drüber gekommen.

F.: Woran lag es?

A.: Die Steigung war gar nicht so sehr das Problem, sondern die schmale Straße. Wer zu weit hinten war, hatte mit den am Berg stehenden Fahrern zu kämpfen, musste Stürze und Defekte umfahren.

F.: Und der Zielsprint des Feldes?

A.: Das Pflaster auf den letzten 500 Metern machte es ziemlich schwierig. Ich wollte an einem der Picardellics vorbei, dessen Rad sprang jedoch wie ein Ziegenbock. Selbst für uns Eichhörnchen gibt es unüberwindliche Dinge. Ich muß jetzt auch los, Wintervorräte anlegen.

 

F.: Hey, Hallo. Du fährst offensichtlich für eine Gärtnerei. Interessant. Wie war das Rennen für Dich.

A.: Aldar, willst Du mich anmachen oder wat? Ick hab noch Mathehausaufgaben zu machen und keene Zeit für den Quatsch. War gut. Bei uns läufts. Det jelbe ham wir.

 

F.: Schön. Gratuliere. Was sagst Du zum Abschneiden der Picardellics?

A.: Wat für Ding?

 

F.: ... die Picardellics ...

A.: ??? Ist det wat zum essen?? Ey, echt Aldar, verscheißer mich nicht, hier, ey.

 

Hektisch trennen sich die beiden Gesprächspartner. Da nähert sich ein Herr im schwarzen Radoutfit.

 

F.: Oh, Hallo. Noch ein Team aus Sachsen. Du kennst sicher die Picardellics.

A.: Die gestrige Aktion hat noch Folgen für die Jungs (Anmerkung der Redaktion: dirks Tempofahrt auf der Windkante hatte zum Ausscheiden aller fünf Zwenkauer Fahrer aus dem Hauptfeld geführt). Ich denke wir werden denen in Ponickau zeigen, wer der Herr im Hause bzw. in Sachsen ist.

F.: Und wie war's heute?

A.: Für die Picardellics lief es wieder ganz gut, die haben sich im Mittelfeld behauptet. Wir hatten dagegen Pech und haben uns gegenseitig kurz vorm Ziel abgeräumt. Damit hatten wir wieder keinen Fahrer im Hauptfeld. Nächstes Jahr wird alles besser.

F.: Gute Besserung und weiterhin soviel Optimismus! Danke für das Gespräch.

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