Beierfeld - Landesverbandsmeisterschaften

Image  +++ Picco ist sächsischer Landesmeister+++

 +++ Hier die Bilder+++

Schon im Jahre 2007 hatte uns das Erzgebirge rund um die freie Republik Schwarzenberg landschaftlich beeindruckt. Picco hatte darüber hinaus nette Freundschaften in der Spitzengruppe des Elitefeldes geschlossen und auf der letzten Runde das interessante Zucken bisher unbekannter Muskeln gespürt. Für alle anderen Teilnehmer der Sachsenmeisterschaft 2007 blieben allerdings nur Schmerzen. Leiden und anhaltende Qualen in der Erinnerung. Eine klitzekleine Ausnahme im Kreise der normalsterblichen Picardellics war unser Holgi.

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27 Zähne
Holgi, der den Mut hat mit einem 27er Ritzel zu einem Radrennen zu kommen und danach auch noch darüber zu reden. Er litt weniger unter dem Profil der 2007er Strecke, sondern mehr unter den sanften Klapsen auf den Po, mit denen ihn die fesche Beifahrerin des Besenwagens 10 Runden lang über die Hügel von Beierfeld trieb. Die weiteren Geschehnisse im Ziel, als Holgi erschöpft neben seinem Rad zusammenbrach und die ausgeruhte Beifahrerin ihn am Helmriemen in die Büsche schleifte, sollen aufgrund der mitlesenden Minderjährigen auch jetzt noch, ein Jahr später, in den dichten Mantel des Schweigens gehüllt bleiben.

Holgi war neben Picco also einer unserer Fahrer, die entspannt auf die Sachsenmeisterschaft 2008 blickten. Die 27 Zähne seines Ritzels glänzten in der strahlenden Sonne des Sonntagnachmittags. Trotz mehrfachem guten Zuredens und einer Vielzahl feinfühliger Hinweise hatte er seinen MTB-Block wieder mit am Start. Und wieder spekulierte Holgi auf die Bekanntschaft des Besenwagens. Diesmal fuhren jedoch zwei stiernackige Herren mit klodeckelgroßen Händen das Schlußfahrzeug und so eilte sich unser Holgi nach einem kurzen Kontakt in der ersten Runde, um aus der Reichweite der ausgereckten Hände zu geraten. In der 11. Runde wurde er schließlich von der Spitze überrollt und zog sich aus dem Rennen zurück.

Matze hatte es derweil geschafft, die durchgemachte Nacht zu kompensieren, drei Bier und vier Würste vom Frühstück zu verdauen und fuhr energisch in die erste Verfolgergruppe hinter der Spitze vor. Auf den Abfahrten verlor er jedes Mal seine ängstlich bremsenden Mitfahrer und saugte sich an der langen Steigung an ein neues Opfer vor ihm heran, um dieses wenig später auf der Anfahrt wieder zu verheizen. Er erreichte die Verfolgergruppe zu Beginn der 13. Runde und musste Ende der Runde mit seinen Mitstreitern eine Überrundung und damit das Rennende hinnehmen.

Eric hatte sich, im Gegensatz zu Matze ausgeschlafen, Muttis leckeres Frühstücksbuffett abgeräumt und konnte sich Dank akribischer Trainingsvorbereitung, mit jugendlichem Charme von Anfang an in der Gruppe halten. Die gesparten Körner investierte er in ein entspanntes Lächeln bei Zielankunft.

ImageUnser Sorgenkind, Jantel, der Peiniger empfindsamer Ohren, quälte sich mit einer Konsequenz, die wir bislang nur von Luma kannten, über immerhin 6 Runden und 1200 Höhenmeter. Er hielt sich lange, lange Zeit weit vor Holgi (mit extravagantem 27er Ritzel), büsste aber Runde um Runde ein und fuhr letztendlich noch eine gemeinsame Runde mit Holgi. Der entsetzliche Anblick eines 27er Ritzels spielte bei Jantels vorzeitigen Abbruch sicher auch eine entscheidende Rolle.

Betrachtet man zudem aufmerksam die bislang veröffentlichten Bilder, so kann der detailbewußte, lebenserfahrene Leser deutlich erkennen, dass Jantel sicher infolge eines übergroßen Blutverlustes geschwächt an den Start gegangen ist. Die großen, offenen und schwärenden Wunden an den Knieinnenseiten hätten weinerlichere Gestalten als unseren tapferen Photographen zur Rennabsage getrieben .

Es gab noch einen weiteren Starter der Picardellics im Elitefeld. Einen starken Mann. Einen sensiblen Mann. Ein Mann dessen Potential auf der Flachstrecke liegt. Dieser Mann ist trotzdem angetreten, trotz der gigantischen 200 Höhenmeter auf wenzigen sieben  Kilometern. Dieser Mut, diese Selbstlosigkeit wird honoriert und wir wollen in einer gemeinsamen Minute schweigen und seines kurzen Auftritts gedenken.

Das Eliterennen verlief damit für die angetretenen Picardellics alles in allem recht durchwachsen. Da es eh keine finanziellen Anreize gab, fuhr auch keiner unserer Elitefahrer eine Platzierung raus. Der Spaß und die Freude am Verzicht inmitten des furios rasenden KTABC-Feldes stand für unsere jungen Männer an diesem Sonntag im Vordergrund.

ImageUnd dabei hatte der erste Sonntag im Mai so gut begonnen. Das Rennen der Senioren startete kurz nach dem Mittag und das berüchtigte Mastersteam der Picardellics klickte in voller Mannschaftsstärke kraftvoll in die Pedale ein. Das Feld schoss mit schier unglaublicher Geschwindigkeit hinab in den Ort und wesentlich gemächlicher den ersten Hügel hinauf. Hatten wir vorher noch überlegt, ob wirklich das große Blatt stehenbleiben muss, so war hier schon klar, dass genügend Zeit zum schalten und anschließenden hochfrequenten, kraftsparendem Wickeln bleibt. Entsprechend empfindsam ging es weiter. Es fand sich kaum ein Fahrer der über die windanfälligen Hügel bis zur Linkskurve am Wald führen wollte. Als der DSC seine fleißige Führungsarbeit einstellte, brach das Tempo ganz ein. Und ich verlor erstmals die Nerven. Und ging an der Steigung in die Führung.

Nochmal: ich (gefühlte 112kg) in der Führung. Am Berg. Unglaublich. Faszinierend. Mächtig gewaltig. Verdammt, wo ist der Photograph??

ImageDer Berg zog sich. Mitten im finsteren Erzgebirgswald hatte Picco beim Warmfahren in ganzen, grammatikalisch korrekten Sätzen verkündet, dass es ja nur 11 Prozent seien. Das wäre sein Platz zum Attackieren. Ich fahre vorsichtig und kurzatmig auf die Kante. Und Picco übernimmt. Der Abschied verläuft wortlos. Mit Tränen in den Augen schau ich ihm nach. Ach Picco, es war eine schöne Zeit, die gemeinsame Zeit, unsere Zeit.

Das Feld streckt sich und ich finde doch einen kuscheligen Platz. Picco bleibt in meinem eingeschränkten Sichtfeld. Und dann ist da sogar noch ein freier Gang. Der Blick auf die nahe Kuppe mobilisiert die letzten Kräfte. Oben werden hektisch Trinkflaschen aus dem Halfter gezerrt. Neumi schiebt sich auf der Abfahrt nach vorn. Picco übernimmt wieder die Spitze. Aus dem Feld heraus rolle ich (gefühlte 124kg) vor und vorbei. Picco nimmt mich zu spät aus den Augenwinkeln war und korrigiert fluchend seinen Ideallinienkurs, während ich ganz innen vorbeischnicke. Sorry, Picco, aber 135kg lassen sich kaum noch bremsen.

An der Spitze des Feldes bleibt mir genügend Zeit und Platz die Kurve zum Zielberg anzuvisieren. Mt Schwung und dem richtigen Gang fliege ich in den Anstieg. Picco klebt an mir. Ein schneller Blick Piccos über seine Schulter offenbart 20 Meter Vorsprung vor der eilig keulenden Masse. Er rollt neben mich und wir beratschlagen ausgiebig. Wer die Dienstagsrunden kennt, weiß was dies bedeutet: Picco redet, mein Haupt nickt halt- und kraftlos mit, Kopfschütteln ist koordinativ zu anspruchsvoll. Einzelne Satzfetzen füllen mein Sauerstoffloch im Zentralhirn:

Image"Mit Picco allein sechs Runden auf bergigem Kurs?? ....... Bist Du jetzt völlig ........... bescheuert! ..... Notaus! Notaus!! .....Kette, mach ... Du ... doch .... was"

Die Kette hielt. Und ich blieb dran an Picco. Dem späteren sachsen-anhaltinischen Meister Grünig sein gedankt, das die Aufholarbeit des Feldes Früchte trägt und wir geschlossen über die Kuppe im Ort rollen.

Als nun wiederum keiner in den Wind und Führung gehen will, beschließe ich nochmal ein Stückchen Rad zu fahren. In Anbetracht der Erfahrungen letzte Woche in Greiz, wollte ich fahren solange die Kette hielt. Das Feld lies mich wieder eine Weile gewähren, bis es Europameister Grünig zu bunt wurde und er das Feld bei der Aufholjagd streckte. Der Berg am Wald wartete auf uns. Ich war vorbereitet und inzwischen genügend führungserfahren. Mit gleichmäßigem Druck und unterdrückter Atmung schob ich meine 148 kg wieder bis zum 11-prozentigen Abschnitt. Picco übernahm schweigend, kontrollierte die Geschwindigkeit, sah mich bei einem entspannten Kontrollblick noch immer in der Gruppe und wusste sofort:

Das Tempo war zu gering.

Er lächelte und reagierte übergangslos. Die Gruppe flog auseinander wie ein Schwarm Spatzen. Meister Grünig lies es sich nicht nehmen, oben noch etwas zu verlängern und so kamen lediglich 8 Mann auf der Kuppe an. Der Rest des Feldes weit versprengt, führungslos und dem Wind ausgesetzt.

Auf der zweiten Anfahrt zum Zielberg rief Picco mir deutlich und ausdrucksstark "NOCHMAL!" zu und so wiederholte ich die Anfahrt der ersten Runde. Mit viel Schwung und großer Masse aus der Abfahrt in die Steigung zur Ziellinie und mit noch viel mehr Druck oben drüber. Stunden später, in der Auswertung der Geschehnisse, sollte sich erst herausstellen, dass ich mich verhört hatte. Picco hatte "...?" und nicht "... !" gesagt. Im Eifer des Gefechtes, im Rausch der Geschwindigkeit ist mir hier ein Interpretationsfehler unterlaufen, der auf den Zusammenhalt der desolaten Kleingruppe folgenschwere Auswirkungen haben sollte. Die in der dritten Runde noch anwesenden Leipziger Fahrer verschiedener Vereine verzichteten ganz auf die Führung, der Muldentaler erwies sich als äußerst geschickter Windschattenfinder und so blieben nur 4 wirklich am Tempo interessierte Fahrer in der Führung.

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zum Gebet bitte
In Anbetracht meiner übersäuerten Beine verzichtete ich auf die dritte Tempoforcierung am Zielberg und genoss es im Feld kullern zu dürfen. Damit brach die 4. Runde an. Die Hälfte der Strecke war fast absolviert. Das empfindliche Gleichgewicht von Körper und Geist ist zu dem Zeitpunkt bekanntermaßen besonders gefährdet. Und so geschah es, dass eine erneute Temposteigerung durch Grünig/Picco die Gruppe an die Grenzen des Gemeinschaftserlebnisses brachte. Der Fahrer des RV Leipzig blickte von seinem ergomo-Mäusekino auf, schaute über die Schulter, fuhr einen Schlenker heraus aus der Gruppe und hinterließ ein Loch von gut 2 Metern.

Sauber! Ich Idiot! Was fahre ich auch am Berg hinter dem Mäusekinofahrer, der die ganze Zeit nur am Ende der Gruppe herumscharwenzelt. Ich Rindvieh! Oh!!!! AAAAhhhhhrrrrrrrgggg! Wieso hänge ich eigentlich hinter dem Windflüchter??

Fehler werden bestraft. Hart. gerecht. Wer Männern mit Leistungsmessern folgt, muss büssen, muss leiden.

ImageIch war sauer. Im Kopf und in den Beinen. Mit starrem Blick auf den mühelos schwebenden Picco gelang es mir nochmal aufzuschließen. Als dann jedoch Keller ausscherte und ebenfalls eine Lücke hinterließ fielen Körper und Geist in ein Loch und gaben auf. Keller vollzog inzwischen wieder den Anschluss und folgte den drei anderen Fahrern. Meter um Meter viel ich zurück. Der Leipziger ergomo-mäusekinokünstler war auch in einem längeren Disput nicht zur Führungsarbeit zu bewegen . Als er sich dann noch hinter einem abgeplatzten Juniorenfahrer versteckte, riss mir einmal mehr lautstark der Geduldsfaden und ich genoss die Abfahrt allein. Aus der einsamen Abfahrt wurden einsame drei Runden. Die frenetisch jubelnden Zuschauerinnen im Zielbereich trieben mich zu immer neuen Höchstleistungen an. Genau so, lieber junger Leipziger Freund, so mißt man Leistung: ohne Technik, ohne Sensoren, ohne Mäusekino, nur in den weit aufgerissenen, glücklichen Augen der Frauen.

Neumi und Luma ackerten inzwischen in einer 6köpfigen Gruppe. Da Luma lieber große Teile der Strecke 10 Meter vor der Gruppe fuhr (das überragende Ergebnis des Zeitfahren vom 1. Mai wirkte noch nach), beschränkte sich die Kommunikation zwischen beiden auf ein Mindestmaß. Irgendwann ließen auch die Kräfte unseres stärksten Zeitfahrers nach und er fuhr fortan hinter der Gruppe (die Wirkung des Zeitfahren am ersten Mai setzte nun ein).

Picco und Grünig nahmen derweil die kleine Spitze nochmal auseinander. Auf der Abfahrt verloren sie den Senioren 3 fahrer. Keller verblieb noch tapfer im Windschatten kämpfend, bis zum Waldberg. Dann war es zeit Erfahrungen und gemeinsame Bekanntschaften zu besprechen. Wie glaubwürdige und neutrale Beobachter berichteten, wurden die beiden Spitzenfahrer Sachsens und Sachsen-Anhalts in den letzten beiden Runden mehrfach in lautstarken Disputen gesehen. Als Neuling im Seniorenbereich lies Picco dem erfahreneren Fahrer den Vortritt und begnügte sich mit Platz 2. Die Glückwünsche des Zweitplatzierten, Keller, für den Sieger kamen herzlich und einem Sportler angemessen:

"Wie alt bistn?"

"Ich fahre das erste Jahr Senioren" entgegnete Picco mit jugendlichen Augenaufschlag und Knicks

"Achso, na dann, ... ist ja kein Wunder" fasste Keller motivierend, das Rennen zusammen.

Wir rätseln noch eine Weile, ob der versteckten Botschaft. Hätte ich (immerhin noch 38 Tage jünger) gewinnen müssen? Hat Piccos zierlicher Rücken dem armen Muldentaler nicht genügend Windschatten geboten? Nachdem das gewonnenen Fass Bier leer und der Kräuterbitter zur Neige gegangen war, tangierten uns derartige Fragen überhaupt nicht mehr und wir genossen lediglich die Rückfahrt im Rentnerbus der Picardellics.

Mit traurig gesengtem Haupt, lenkte Neumi den Bus zögerlich nach Hause. Es schreckte ihn, der er nun ohne neue Punkte nach Hause kommen würde, vor der neuerlichen Taschengeldkürzung. Letzte Woche war er noch so zufrieden mit seinem ausgehandelten Kompromiß: Man einigte sich nach nächtelangen Verhandlungen, dass die bisherige Festgeldzahlung von 6 Euro 45, zugunsten einer dynamischen Regelung entfällt. Seit Sonntag erhält er den wöchentlichen BDR-Punktestand in Euro ausgezahlt und muss lediglich mit seinen 4 Söhnen und 3 Töchtern teilen,

erfuhr aus zuverlässiger Quelle,

Thomas

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