Gipfeltreffen

GlocknermanHier noch mal für Leute mit viel, wie auch für solche mit nur wenig Zeit, in zusammengefaßter Form meine Eindrücke, die uns diese Veranstaltung mit ihren zahlreichen Bergen, Pässen und Gipfeln bescherte: 

Das war der Gipfel! 
(Kurzform) 
 
Als jüngst die Politiker der großen Acht 
sich trafen zur neuerlich schweren Schlacht, 
zum Gipfel der Mächtigen auf dieser Welt 
da zogen auch Jonny und Martin ins Feld. 
 
Zwar nicht zu dem Zaun  
Bei Scheinheiligendamm, 
sondern nach Graz 
wo der Glocknerman begann. 

Thema dort ist nicht der Emissionseiertanz 
Sondern ein Radrennen mit langer Distanz. 
Wir sind das Ding mit Elan angegangen, 
doch leider gab’s auch Pleiten, Pech und Pannen. 
 
Am Ende jedoch ist alles wieder gut, 
wir haben behalten unseren Mut. 
Und versuchen es wieder nach altem Brauch -  
So wie der Bush und die Merkel und die anderen auch. 
 
Wer noch Zeit und Lust hat, hier weiterzulesen, 
kann genauer erfahren, wie’s in Graz gewesen. 
 
 
Das war der Gipfel! 
(Langform) 
 
 
Graz, 7.6.07, 10:30Uhr. Den Start zum Glocknerman gibt es diesmal als Besonderheit in der Altstadt von Graz mit Präsentation der Strecke, der Fahrer und Teams vor dem versammelten Grazer Publikum. Nachdem wir uns mit dem Auto endlich durch die Gassen bis zum Karmeliterplatz gefunden hatten, war die Zeit fast schon knapp geworden; also schnell umziehen, Rad startklar machen, kurz auf die Bühne und schon ist es 10:30, der Zeitpunkt des inoffiziellen Starts.  
24 Starter sind erschienen; ein paar von ihnen kennen wir schon; andere noch nicht. Wie immer also bei dieser Strecke gibt es wieder nur ein kleines Teilnehmerfeld. 
 
Erst mal geht es wieder aus der Innenstadt heraus ca. 15km weit zum Schwarzl-Center, dem traditionellen Start- und Zielort, wo wir auf unsere Begleitfahrzeuge treffen. Es gibt eine Pause, denn erst 12:00Uhr ertönt hier – wie schon in den Jahren zuvor – der Startschuß. Noch immer aber ist hier das Rennen neutralisiert; erst nach weiteren etwa 20km dürfen die Begleitfahrzeuge zu den Fahrern heran und nachdem der Rennleiter noch einmal eindringlich die unbedingte Einhaltung der Regeln angemahnt hat, geht es auch gleich richtig los. Der erste Berg steht unmittelbar vor uns und ganz vorn fährt Jonny.  
Da wir beide unsere Fahrzeit vom letzten mal so gut wie möglich verbessern wollen, lautet die Devise, von Anfang an nichts anbrennen zu lassen. Mal sehen, ob das so aufgeht….. 
 
Das Tempo ist ordentlich straff, das Feld schon längst in mehrere Gruppen zersplittert und es geht durch hügeliges Gelände auf den ersten richtig hohen Berg zu, Soboth mit Namen. Knapp 100km sind gefahren und ich befinde mich noch in der 8-köpfigen Spitzengruppe. Hier machen der spätere Sieger – Christoph Strasser (ein Jungprofi) – und der spätere zweite – Mirko Baloh (ein Exprofi) – gehörig Druck. Eine Attacke nach der anderen wird geritten, und ich frage mich ernsthaft, ob ich so die nächsten 900km weiterfahren will und kann. Die Antwort kommt bald: Kurz vor dem Soboth-Gipfel legen die beiden mit 2 weiteren Fahrern noch einmal derart los, dass mein Körper nur noch Alarmsignale aussendet und sich weigert, vor allem in Anbetracht der noch vor uns liegenden Strecke noch einmal das Tempo zu steigern. Na gut, denke ich, hier sind ja noch 2 andere, denen es gerade genauso ergeht, wie mir selbst. Versuchen wir eben zu dritt, an die ersten 4 wieder heranzukommen. Alternativ könnte ich auch auf Jonny warten, der nur 1-2 min hinter mir ist, wie ich gerade von Dirk erfahre, aber ich will erst mal in dieser Position bleiben. 
Die Soboth hängt in den Wolken, die Straßen sind schon längere Zeit naß und mit vielleicht einer knappen Minute auf die ersten vier gehe ich also in die Abfahrt hinein; als letzter „unserer“ Dreiergruppe. Hier geht es an die1000m in die Tiefe, immer mit 10-15% Gefälle. Gleich an der ersten Kehre eine böse Überraschung: Bremswirkung null und die Leitplanke kommt immer schneller immer näher. Verdammt, nicht schon wieder so ein Ding wie im vorigen Jahr; das fehlte noch; gerade noch kriege ich die Kurve, aber die Moral blieb wohl im wahrsten Sinne auf der Strecke, in irgendeiner Pfütze dieser ersten Kehre. Resultat: Turnowski, der erste von uns dreien, fährt allein irgendwo hinter den ersten vieren; den anderen erreiche ich 10min nach der Abfahrt wieder. Ok, also zu zweit weiter. Die Hoffnung stirbt zuletzt, heißt es immer, aber diesmal war die Hoffnung trügerisch: Ausgerechnet dieser Österreicher, der später aufgab (konnte er das nicht schon eher tun …?), und mit dem zusammen ich jetzt fahre, wird von seiner Begleitmannschaft fehlgeleitet. Sicher haben wir hier auch unseren Anteil, aber wer vorn fährt, der hat nun mal den Hut auf. Also umkehren und von hier an als letzte mit 15 bis 20min Rückstand weiterfahren. Moral: am Boden. Lust zum weiterfahren: eher gering. Jonny und seine Gruppe mit dem anderen Turnowski-Zwilling sind nun längst weg; der Österreicher sagt zu mir, dass das Rennen noch so lang ist und noch so viel passieren kann. Da hat er Recht; sie verpassen wieder einen Abzweig, wir korrigieren aber gleich, und als ich später eine Pinkelpause brauche, fahre ich von nun an allein. Es wird etwas ruhiger im Kopf; freilich auch auf dem Tacho, denn der braucht nun keine „4“ mehr vorn anzuzeigen, wenn es mal flach durch die Landschaft geht. So geht es in die erste Nacht hinein und Dirk fährt schon seit geraumer Zeit auf seinem Rad gemeinsam mit mir; Lutz lenkt das Auto. Wir kommen gut voran und es stellt sich sogar schon wieder ein vorsichtiger Optimismus ein.  
An einer Stelle dann, wo das Mölltal von der Straße nach Lienz abzweigt (Mölltal wäre richtig gewesen-ich sag’s gleich), kommt das nächste Pech oder besser gesagt gleich eine ganze Pechsträhne. Und die hat es in sich, weil Lutz mit dem Auto nun für mehrere Stunden getrennt von uns fährt, uns woanders wähnt als wir tatsächlich sind und wir beide uns noch auf dem richtigen Weg vermuten, denn wir sahen ja immer wieder Lienz angeschrieben. Jedoch kämen wir auf dieser Strecke nicht über Winklern nach Lienz, und dort mussten wir auf jeden Fall vorbei, um einen Kontrollpunkt zu passieren. Irgendwann war uns klar, dass hier etwas nicht stimmte. Die Nachfrage in einem Wirtshaus ergab allerdings, dass uns das Umkehren wohl noch mehr Zeit kosten würde als die Zusatzkilometer und –höhenmeter, die wir nun in Kauf nehmen mußten.  
Endlich in Lienz angekommen ging es erst mal von der falschen Seite den Iselsberg hinauf in Richtung Winklern. Es kamen uns hier noch Radfahrer und Begleitfahrzeuge entgegen und am Kontrollpunkt in Winklern waren wir immerhin noch nicht mal die allerletzten Teilnehmer. Dennoch ging es schon lange nicht mehr um Minuten, sondern um Stunden, wenn man Zeitdifferenzen benennen wollte…. Von hier aus riefen wir erst mal Lutz an, der uns weit weg auf den Landstraßen suchte – bestimmt auch für ihn kein gutes Gefühl. Beim Wiedertreffen – wieder am Iselsberg – gab es dann erst mal wärmere Klamotten, etwas zu beißen/trinken; Dirk stellte sein Rad ins Auto und fuhr es jetzt, während Lutz sich in Winklern etwas Schlaf gönnte und ich ging wieder auf die Strecke. Motto ab jetzt: Mit Anstand zu Ende fahren, alles andere wäre Phantasterei gewesen. Also nun Iselsberg diesmal in der richtigen Richtung hinunter nach Lienz, dann hinauf zum Felbertauerntunnel, dann mit dem Auto durch den Tunnel, dann Abfahrt nach Mittersil, 26km flach nach Zell, dann Bruck und – inzwischen am nächsten Morgen - hinauf auf die Großglocknerhochalpenstraße und zurück zum Kontrollpunkt nach Winklern. Diese 180km-Runde wiederholt sich dann und in der zweiten Runde konnte ich zu Patrik Bartik und einem Italiener – beide als Solisten unterwegs - aufschließen und sie dazu bringen, ein Stück gemeinsam mit mir zu fahren, was auch eine Zeit lang gut ging. Als ich allerdings bei der zweiten Durchfahrt durch Bruck meine schmerzenden Füße in einem Brunnen kühlen mußte, verabschiedeten sie sich wieder; wahrscheinlich hatten beide noch großes vor. Aber bei unserer zweiten Passage der Mautstelle oberhalb von Bruck wäre unsere kleine Gruppe sowieso wieder zerrissen, weil wir dort zu meiner Überraschung auf Jonny und seine Begleiter trafen. Er hatte wegen Knieschmerzen aufgeben müssen.  
 
Wie konnte das sein, wo wir ihn doch sonst als schmerzfreien Indianer kennen? 
Kurze Rückblende nach Dresden in die GM-Vorbereitungszeit: Jonny hantiert am letzten Arbeitstag vor dem GM entweder in heller Vorfreude oder aber in enormer Aufregung – das wird noch zu klären sein – mit einem schweren Heizkessel und lässt sich diesen Klotz auf die rechte große Zehe fallen. Grrrrrrr aua schmerz wehweh - was nun? Die Zehe schwillt ziemlich schnell so stark an, dass Jonny gleich auf die Schnelle noch mal in den Radladen gehen muß, um ein Paar Schuhe, die zwei Nummern größer als normal für ihn sind, zu kaufen. Damit hofft er, einigermaßen fahren zu können. Leider hat das nicht bis zu Ende funktioniert und da er versucht, den Druck, den er rechts nicht ausüben kann, durch Zug auf der linken Seite zu ersetzen, streikt natürlich irgendwann das linke Knie. Der Zeitpunkt war hier an der Mautstelle gekommen. Wieder mal gründliches Pech also, diesmal für ihn. Aber er hatte auch noch andere Erfahrungen zu berichten, die ihn trafen: in seiner Gruppe, 5 Mann stark, hatte er enorm viel Führungsarbeit geleistet, und jeder der ihn kennt, wird ihm das gern glauben. Die Nacht war hereingebrochen und er musste zwangsläufig kurz anhalten, um sich Beleuchtung ans Rad machen zu lassen und ein Langarmtrikot anzuziehen. Doch genau diesen Moment nutzten seine Kumpane, um sich aus dem Staub zu machen – ein feiner Zug.  
 
Aber ansonsten war er wieder gut drauf, konnte von seinen positiven Experimenten mit Babynahrung berichten und freute sich, daß wenigstens ich noch fahren konnte.  
 
So hatte ich nun für den Rest der Strecke beide Begleitfahrzeuge zur Hilfe. Wir kamen zum letzten mal nach Winklern und dann ging es endlich auf den Rückweg nach Graz. Die zweite Nacht war hereingebrochen und nun kam ernsthafte Müdigkeit in mir auf. Der Rettungsanker hieß RedBull und der half auch, aber schon sehr lange nicht mehr hatte ich eine Flüssigkeit mit derartiger Widerwärtigkeit getrunken….. Medizin schmeckt nun mal nicht. 
Einige bösartige Berge, einige Füchse als Abwechslung im Scheinwerferlicht und einige Stunden später war die zweite Nacht vorbei und St.Jakob, ca.140km vom Ziel entfernt, war erreicht. Hier gab es noch mal den obligatorischen Kaffee zum Frühstück, Dirk und Lutz, die hierher vorgefahren waren, begleiteten mich wieder, während Jonnys Mannschaft schon nach Graz vorausfuhr, um etwas Schlaf zu bekommen. Ich mußte mir andere Radschuhe anziehen, weil die Schmerzen im linken Fuß allmählich immerstärker geworden waren; die andere Paßform half etwas. Dirk stieg wieder auf sein Rad und fuhr den Rest mit mir gemeinsam. Nicht allein fahren zu müssen ist sehr hilfreich, wenn man sehr lange unterwegs ist.  
Als letzte Hürde stand noch einmal der Gegenanstieg auf die Soboth hinauf auf der Tagesordnung und dieser Berg zeigte mir nun deutlich, welche Körperteile inzwischen schon Probleme bereiteten. Aber der war auch irgendwann erledigt und wenige Stunden später kamen wir im Schwarzl-Center wieder ins Ziel, wo Jonnys Leute und das Organisationsteam uns schon erwarteten.  
Hier gab es Momente freudiger Rührung, es am Ende trotz der Widrigkeiten noch geschafft zu haben.  
 
Mein Dank geht zuerst an meine Begleiter Dirk und Lutz sowie dessen Eltern, die uns freundlicherweise ihr größeres Auto zur Verfügung gestellt haben. Außerdem danke ich Jonny und seinen beiden Daniels, die wie schon bei den letzten Glocknerman-Veranstaltungen ebenso für mich sorgten, wie meine eigenen Begleiter. Ohne Euch alle wäre ein Durchkommen vollkommen unmöglich gewesen.  
 
Mein Fazit: Ein prominenter Fußballer hat nach einem verlorenen Spiel einmal gesagt: „Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu“. Das ist ein Satz, der es in sich hat und es mag sein, daß diese bedeutungsschweren Worte teilweise auch für uns zutreffend waren, zum Teil wohl auch nicht. Einen eigenen Anteil an den Situationen hatten wir sicher immer in irgendeiner Weise. Sobald jedoch die Gesundheit betroffen ist, kann man sich den Dingen nur fügen und sie nehmen, wie sie sind. So wünsche ich Jonny eine gute Besserung für sein Knie und seine Zehe; zum Glück besagen neueste ärztliche Untersuchungen Gutes für ihn.  

Will man Strecken dieser Länge fahren, werden die Unwägbarkeiten immer größer und eventuelle Schwierigkeiten weniger vorhersehbar. Das drückt sich auch in diesem Jahr wieder in der Finisherquote aus, die wieder bei 2/3 liegt. In den vergangenen Jahren waren auch schon namhafte Fahrer zur Aufgabe gezwungen. So bleibt nur zu sagen, daß es mir dennoch Spaß gemacht hat und wir es beim nächsten mal - mit denselben Unwägbarkeiten - sicher wieder versuchen werden. 
 
Martin

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