Nachdem wir uns im Vorfeld langwierig zu der Veranstaltungsfülle an diesem Wochenende und der Verteilung der spezifischen Fähigkeiten unserer ambitionierten Vereinsfahrer abgestimmt hatten, stellte sich für einen Teil unserer Fahrer (den Teil mit nachgewiesenen Bergambitionen) völlig überraschend heraus, dass Wernigerode nur nach mehreren Stunden Autofahrt zu erreichen sei und damit die unendlichen Mühen eines frühmorgendlichen Aufbruchs verbunden sind. Naheliegenderweise wurde dann eine besser erreichbare Mountainbikeveranstaltung besucht, auf das unsere Farben aus dem Schlamm blitzen. All jene jedoch, die auch schlichtem Asphalt positive Erfahrungen abtrotzen können, jene denen kein Tag zu früh beginnt, jene die weder Kraft noch Mühe sparen, um zu fahren, zu leiden, Schmerz zu erleben, fanden sich zu früher Stunde in der Schule in Buckow ein. Jan hatte in väterlich anmutender Voraussicht die Anmeldung meisterhaft koordiniert und den Bus mit unseren Nachwuchsfahrern und den schönen, schnellen Frauen über die Autobahn gesteuert. Derart zufrieden und glücklich trumpften unsere Damen in Ihren Rennen auf. Der Start für das 6-Runden-Jedermannrennen erfolgte pünktlich. Franzi griff den Lenker unten und zog mit TomTom, Jakub und Bratwurst davon. 5 Minuten später begannen Angie, Grit und Anke über 4 Runden zu hetzen. Im letzten Rennen über 2 Runden überließen wir den Frauen vom Team Bike Kult die Regie. Unser unendliches Vertrauen wurde belohnt indem sich 2 Bikekulter über die Aufwärmdistanz von knapp 26 km durchsetzen und wenig später schon vom Siegerpodest lächeln konnten.Über die als nahezu männlich zu bezeichnende Strecke von 78 km, konnte sich der Teamchef von Bikekult nach langem Paarzeitfahren aufgrund der überlegenen und robusten Komponenten und trotz seines überdimensionierten Rahmens amerikanischer Bauart durchsetzen. Seine ausschweifende Ehrung war dann aber auch die letzte Siegerehrung des Tages, hatte doch die Zielkamera just in dem Moment der Durchfahrt unserer Damen mehrere Aussetzer, so dass erst die nahe Zukunft und die Post die verbindliche Aussage zu Franzis Sieg über die 78 km, Grits beidäugiger Triumphfahrt mit neuem Rad über 52 km und Ankes Platz 3 im gleichen Rennen liefern wird. Bemerkenswert und übereinstimmend in allen drei Schilderungen der Mädels war die Möglichkeit bzw. Fähigkeit unserer Radamazonen frei und deutlich vernehmbar artikulieren zu können bzw. zu müssen. Die mitrollenden Herren mussten ab und an lautstark auf die prinzipielle Möglichkeit zur eigenständigen Führung hingewiesen werden, statt zu führen versuchten die Herren stattdessen mit Sachthemen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur zu glänzen. Die gemeinsame Rückfahrt im Bus mit den beiden Siegerinnen, lies Jan und mir die Chance an deren grundlegenden Siegerfahrungen teilzuhaben, um diese in unseren nächsten Rennen umzusetzen. Nötig wird dies auf jeden Fall, sollte doch ein Radrennen aus mehr bestehen als der Spitze hinterherzufahren. In der ersten Runde unseres zu früher Stunde gestarteten Rennens spürten wir mit fiepender Lunge und tränenverschleierten Augen noch eine gewisse Beschaulichkeit als das Feld kompakt den Kurs inspizierte. Allerdings fingen die großen Jungs dann schon sehr früh in der zweiten Runde an, den Bergsprint vorzubereiten. Kurz vor dem Ende des Hügels im Wald zog das Tempo an und die Lücken im Feld wurden groß. Einem dumpfen Instinkt folgend, war ich kurz vorher am Hinterrad eines Tschechen geblieben und befand mich weit genug vorn, um lediglich 2 Lücken zufahren zu müssen. Damit hing ich als vorletzter mit verkrampfter Kiefermuskulatur auf der Windkante der 20köpfigen Gruppe. Aus dem Wald heraus, die nächste Kuppe zu überwinden und bis zum Kreisel dranzubleiben, unterschied sich nicht mehr in der Schmerzwahrnehmung ... es pulsierte gleichmässig heiß, stechend und alle anderen Empfindungen verdrängend in Schenkeln, Brust und Ohren. Derart ungesteuert unterlief mir ein folgenschwerer Fehler. Gerade hatte ich verzweifelt am Ergopower gerüttelt, um ein 11er Ritzel hervorzuzaubern, da fiel mein Blick auf die momentan gefahrene Übersetzung meines Vordermannes und das war dann das moralische Ende dieses Rennens. Während ich, bislang im Glauben über eine begrenzte Strecke eine endliche und doch hohe Frequenz treten zu können, erstmals 53x11 vermisste, fuhr der Typ vor mir locker in der Mitte seines Blockes. Die daraus resultierenden Denkprozesse forderten derartig viel Sauerstoff, dass wenig später die Schenkel übersäuert den Dienst einstellten. 30 Sekunden später kommt Dirk mit zwei Fahrern angeblasen, über alle körperlichen Schranken hinweggehend, reihe ich mich ein und muß nun noch Dirks Hohn und Spott über meinen Abreißer über mich ergehen lassen. Selbst für eine verbale Gegenwehr reicht in dem Moment die Kraft nicht. Wir kreiseln eine Runde und können die fehlenden 30 Sekunden nicht verkürzen. Damit wird die große Gruppe hinter uns immer verlockender. Wenig später ist Jan mit den verbliebenen C-Fahrern und einigen aufgesammelten Senioren ran. Dirk gibt es, seine Frauen im Ziel wissend, dran und fährt automobil nach Hause. Gemeinsam mit Jan will ich wenigstens noch eine vernünftige Ausfahrt aus dem verlorenen Rennen machen und wir fahren, wir keuchen weiter. Die Gruppe läuft ganz gut, wäre da nicht das Auge was mitfährt und leidet. Es leidet unter der eigenwilligen Trikotgestaltung einzelner Charlottenburger Fahrer. Sein Rad hatte allerdings nie eine Putzlappen gesehen, dadurch konnte sein Trikot nicht derart zerrissen sein. Zum Glück hielt sich eben jener Fahrer nur äußerst ungern und wenn dann lediglich für infinitesimale Bruchteile einer Sekunde im Wind auf und schonte damit die Augen seiner Mitfahrer.Nachdem wir in der 6. Runde nochmal 6 Fahrer aufgesammelt hatten, beugten wir uns dem Dogma der „Schweineschnäuzchen“ und fuhren fortan in Doppelreihe das Rennen zu Ende. Erstaunlicherweise sprinteten eben die Fahrer, die bislang als Windvermeider unterwegs waren ganz kurz vor der Ziellinie los und versuchten ihr Versagen während des Rennens durch lautstarke verbale „Sprint“auswertung nach dem Rennen zu kaschieren. Beruhigt konnten wir später aus der Ergebnisdarstellung entnehmen, dass die KT, A und B Fahrer offensichtlich alleine sein wollten, denn der erste angekommene C-Fahrer war unser Lumpi, mit seinem furiosen Sprint. Auch wenn Jan und ich aufgrund unserer lächerlichen Platzierungen letzten Sonntag „Training 120 km 3 Stunden 6xEB 5xSB“ im Tagebuch eintragen müssen, war es doch schon wegen der Erfolge unserer Frauen, der Erinnerung an Franzis leichtfüßiges Pedalieren inmitten schwerfälliger Herren und Angies strahlenden Augen nach Ihrem 52km-Rennen die lange Anfahrt, das frühe Aufstehen und das lange warten an der Strecke wert.
Rund um Buckow
-fit statt fett – die Elitefahrer schwitzen bereits hörbar während die Jedermänner noch nett schmausen. Während also Angie und TomTom ihren Kaffee schlürfen und genüsslich ins Brötchen beißen, hecheln drei Picardellics bereits rund um Buckow. Die Baustelle und das kindskopfgroße Pflaster auf der Strecke, im Vorjahr noch maßgeblich für die Teilung der Felder verantwortlich, ist makellosem, glattem und langweiligem Asphalt gewichen, die Steigung dadurch lediglich für ausgesprochen feinfühlige Personen spürbar. Das vorabendliche Gewitter hatte die Strecke vom Staub und Laub gereinigt. Nur in den schattigen Abschnitten des märkischen Waldes hielt sich die Feuchtigkeit auf der Straße bis die Hitze der Reifen in der 5. Runde für durchgehende Trockenheit sorgte.