2006, Pfingsten ergab es sich in Triberg ein Familienwochenende zu verbringen, wurden doch im Zuge einer Radveranstaltung für Männer, Frauen und Kinder passende Strecken angeboten. Für die jüngsten Teilnehmer gab es eine gemütliche 114 km Strecke, die Frauen konnten auf der 180 km Runde vom Küchenalltag entspannen, während die Männer über 258 km ausreichend Zeit finden würden, die wirklich wichtigen Probleme dieser Welt zu diskutieren. Diskussionsstoff bot sich genügend, fand doch am Samstag der GP Triberg statt. Die Profis hetzten über 6 Runden um und durch Triberg. Überraschenderweise gelang es der slowakischen Mannschaft 3 Fahrer auf den ersten vier Plätzen zu verteilen. Die Favoriten hatten sich offenbar ziemlich überrumpeln lassen und am Ende nichts mehr zuzusetzen. Es hinterließ bei uns schon einen mächtig gewaltigen Eindruck, wie die wenigen verbleibenden Jungs auch in der letzten Runde noch kraftvoll am Lenker zogen. Von unserem Hotelzimmer hatten wir einen freien Blick auf Start und Ziel und konnten so verfolgen, wie das Fahrerfeld von Runde zu Runde übersichtlicher und klarer strukturiert wurde. Die einprägsame Steigung vorm Hotel hatten wir bei unserem Fußmarsch zum Hotel schon schätzen gelernt. “Triberg” - der Name deutet an sich schon darauf hin, das es keine flache norddeutsche Dorfstraße ist, die den am Stadtrand liegenden Bahnhof mit dem Zentrum verbindet. Wobei die Lage des Bahnhofes weit außerhalb des Ortes keinesfalls Anlass für Kritik gegenüber der DB geben sollte, war der Nachtzug doch bequem und pünktlich. Keiner der Mitfahrer schnarchte oder packte seinen Hausrat in Plastiktüten um, ja, es war wirklich eine sehr entspannte und ruhige Nacht im Liegewagen. Die immer noch winterlichen Temperaturen Anfang Juni 2006 in Mitteleuropa vertrieben schnell den restlichen Schlaf aus den Augen. Den Mantel hochgeschlossen, das Kinn in dem Schal vergraben, wurde der lange Marsch zum Hotel, zwischen wärmesuchenden Eisbären und frierenden Pinguinen, eine bleibende Erinnerung an die Schönheiten und das Klima des Schwarzwaldes. Im Laufe des Tages trafen wir dann Olaf und sein Team “buschmann-optik”, die den Marathon ebenfalls als Vorbereitung auf Transalp nutzen wollten. Wir konnten mit Martin und dem Team Vitalien aus dem hohen Norden Deutschlands, aus Hamburg eine kleine Runde fahren und dabei die ersten 400 HM der sonntäglichen Tour inspizieren. Kerstin hatte dabei Gelegenheit Ihren Transalp-Teampartner Andreas kennen zulernen. Andreas, ein beeindruckender Typ, reist er doch zu jeder Radveranstaltung konsequenterweise per Rad (Cannondale-Crossrad mit Schutzblechen und Gepäckträger) an, um danach genauso wieder nach Hause (Karlsruhe) zu radeln. Damit hat er natürlich ordentlichen Druck und brachte bei der letztjährigen Transalp die Rennleitung zur freundlich geäußerten Bitte doch wenigstens den Gepäckträger abzuschrauben, wenn er schon mit den zunehmend verzweifelteren Spitzenfahrern mitradele. Nach einer angenehmen Nacht mit dem einschläfernden Plätschern des Wasserfalls in Triberg und einem reichlichen Frühstück, stellten wir begeistert fest, dass es nach einer trockenen Nacht anfängt zu regnen. Die Temperaturen waren mit 10 Grad zwar über dem Gefrierpunkt, jedoch noch weit vom Wohlfühlbereich entfernt. Pünktlich 7.oo Uhr traf ich mich mit den “buschmännern” im gleichmäßigen Regen am Start. Nachdem die ca. 200 Starter der großen Runde gestartet waren, bildete sich sofort eine Spitzengruppe, die gleichmässig die erste Steigung der insgesamt 5.500 Höhenmeter in Angriff nahm. Während die Steigung durchaus angenehm zu fahren war, wurde es jedoch auf der folgenden Abfahrt sehr sehr kühl. Es dauerte dann auch bis weit in die nächste Steigung hinein, bis wieder etwas Wärme im Oberkörper spürbar wurde. Die folgenden Flachstücke bzw. Abfahrten zwangen immer wieder dazu nahe an der Leistungsgrenze zu fahren, um warm zu werden bzw. zu bleiben. Am Kandel wurde das Wetter endlich etwas besser und wir konnten die lange Steigung ohne Regen in Angriff nehmen. Dabei teilte sich die Spitzengruppe nochmals auf und wir ließen es mit Blick auf unsere beschränkte Leistungsfähigkeit und die noch zu bewältigenden Anstiege langsamer angehen. Den Abzweig auf die kürzere Strecke liesen wir übermütigerweise unbeachtet und fuhren weiter auf der Männerstrecke. Schauinsland und Feldberg entsprachen zum Glück ganz und gar nicht meinen schlechten Erinnerungen der Gianttour 2005, sondern waren ganz angenehm zu fahren. Die im oberen Teil des Schauinsland fehlende Streckenmarkierung kompensierten wir kaum erkennbar lächelnd mit einem kleinen Umweg. Die folgende Abfahrt auf sehr schmalen und inzwischen wieder trockenen Straßen konnten wir sogar schon deutlich sichtbar grinsend genießen. Irgendwann danach, bei einer unserer vielen und langen Verpflegungspausen bekam Olaf plötzlich Knieprobleme und konnte die Schönheiten der Strecke und des Wetters nun gar nicht mehr würdigen. Die Schmerzen nahmen immer weiter zu, so dass er mit Tränen in den Augen bei Kilometer 180 die Fahrdienste seiner geliebten Ehefrau anfordern musste. Tollkühn und mit einem unglaublichen Maß an Selbstüberschätzung fuhr ich weiter, obwohl ich doch bereits die ersten Auswirkungen der morgendlichen Aufwärmhetzerei spürte . Die Sonne schien inzwischen öfter und anhaltender und erzeugte ein widerliches Microklima unter der Regenjacke. Ohne diese fröstelte mich jedoch, so dass die Temperatur, das Streckenprifil und die Gefahrene Geschwindigkeit nur durch eine millimeterweise Verstellung des Reisverschlusses in Übereinstimmung gebracht werden konnte. In der Hoffnung im Ziel noch artgerecht artikulieren zu können, lies ich die beiden letzten Buschmänner ziehen Die beiden verbrachten an den folgenden Labestationen netterweise reichlich Zeit, um zu schwatzen, zu essen und zu trinken. Alles Dinge, die ich zugunsten der kontinuierlichen Weiterfahrt auf ein absolutes Minimum reduzieren musste. Dadurch trafen wir uns jedoch öfter wieder und konnten einige der letzten ekligen Anstiege wenigstens gemeinsam beginnen. Da das Gehirn auch nur noch eingeschränkt durchblutet wurde, gelang es mir auf den folgenden Abfahrten, die beiden wieder einzuholen, um am nächsten Anstieg wieder genüßlich abzuplatzen. Kerstin war morgens kurz nach uns gestartet. Die ersten Kilometer im strömenden Regen kühlten sie jedoch so sehr aus, das sie wendete und nach 80 verdammt kalten Kilometern wieder im Hotel ankam. Das Personal schloss ihr das Zimmer auf, Kerstins feinmotorischen Fähigkeiten waren der Kälte zum Opfer gefallen. Die blauen Füße brauchten 30 min um im kalten Wasser wieder aufzutauen, erst dann konnte Kerstin an eine heiße Dusche denken. Stunden später, wieder trocken, warm und lächelnd stand sie im Ziel und wies mir in meinem dunklen, langen Tunnel der Erschöpfung die Richtung zum Hotel. Insgesamt bleibt die Erinnerung an ein kaltes Wochenende im Schwarzwald, eine Tour mit langen angenehm zu fahrenden Anstiegen zu Beginn und kurzen giftigen Steigungen am Ende. Die Strecke war wahrscheinlich interessant, die Verpflegung reichlich, die Organisation gut, unser Hang zur Wiederholung ist gering. Vielleicht fahren wir nochmal im Sommer, einem richtigen, trockenen und warmen Sommer mit, überlegt
Thomas