Im Winter konnte ich Mayk überzeugen, die Saison mit der Flandernrundfahrt zu beginnen. Worauf dieser einige schöne lange, zum Teil sehr lange, Wintertrainingsrunden durch den Westerwald und Taunus zusammenstellte...
Nun endlich ist der Frühling da und wir sind auf dem Weg nach Brügge, dem Startort der Flandernrundfahrt. Einen Tag vor den Profis können Fahrradfreunde aller Art auf Strecken zwischen 30km und 260km die Atmosphäre des Radsports in Belgien erleben, und lernen was es heißt einen Frühjahrsklassiker zur fahren. Wir wollen den Klassiker, die gleiche Strecke wie die Profis, über 260km, 18 Hellinge und viele Kilometer Kopfsteinpflaster unter die Räder nehmen.
Nach einer mehr oder weniger ruhigen Nacht (Ole wollte nicht schlafen) und einem kurzen Frühstück geht's los in Richtung Start auf dem Marktplatz in Brügge. Es verspricht ein sonniger Tag zu werden, keine Wolke am Himmel, jedoch noch recht kühl mit 11°C. Für das Einschreiben und die Startkontrolle benötigen wir mehr Zeit wie geplant. Wie sich später heraus stellen sollte, sind auf der langen Strecke über 4.000 Leute am Start. Insgesamt sind auf allen Strecken über 20.000 Radfahrer unterwegs. Zum Glück verteilen die Leute sich sehr gut auf der gesamten Strecke.
Also geht's kurz nach halb acht recht gemütlich aus Brügge heraus in Richtung flämische Ardennen. Bis zum ersten Helling sind es ca. 70km. Es sind sehr viel Gruppen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs - bis wir die Richtige finden, vergehen einige Kilometer.
Langsam steigen die Temperaturen. Und so sind wir dann am 2.4. um 10 Uhr kurz-kurz unterwegs! Im Tagesverlauf steigt das Thermometer auf über 25°C.
Nach dem ersten Kontrollpunkt kommt der 1. Helling, gut zum Eingewöhnen 800m lang asphaltiert – sehr angenehm. Der 2. ist schon mit Kopfsteinpflaster ausgestattet, allerdings nur 350m lang. Dafür stehen hier schon viele Zuschauer – auch schön. Kurz nach diesem Hügel werden wir mit dem ersten richtigen Kopfsteinpflasterstück endgültig in Flandern willkommen geheißen. Also dann ganz hinter auf den Sattel, den Lenker locker führen und mit einem dicken Gang „einfach“ drüber drücken. Klingt einfach, mit frischen Beinen klappt das auch ganz gut. Erschwerend kommt nur noch der Slalom um -zig verlorene Trinkflaschen und deren Halter hinzu. Außerdem stehen alle 50-100m Leute, die Plattfüße reparieren. Das Pflasterstück würde ich in die Kategorie „fahrbar“ einstufen.
Kurz darauf folgt ein Stück der Klasse „kaum noch fahrbar“. Auf diesem „Acker“ funktioniert meine kurz vorher bewährte Methode nun aufgrund der fehlend Kraft nicht. Die Räder bewegen sich mehr zwischen als auf den Steinen - entsprechend holprig und langsam geht es voran.
Ab Kilometer 150 wird die Stecke sehr kurzweilig. Die Hellinge folgen in kürzeren Abständen, sind dafür steiler, haben mehr und schlechteres Pflaster und der Wind frischt deutlich auf. Die berühmtesten und auch schwersten Anstiege - Oude Kwaremont, Paterberg und Koppenberg - folgen im Abstand von nur je 3km. Am Koppenberg, mit 22% der Steilste, herrscht ein sehr große Gedränge im Hohlweg. Leider fährt mir im steilsten Abschnitt einer vor's Rad, so dass ich den Fuß raus nehmen und den Rest schieben muss...
Weiter geht es über die Hellinge, über flache bis wellige Passagen mit mehr oder weniger, meisten jedoch mehr Gegenwind in Richtung Geraardsbergen, dem vorletzten Anstieg - der Murr (Mauer) - bei Kilometer 240. Meine Beine fühlen sich mittlerweile wie Pudding an und ich kann mir nicht vorstellen 20% auf Kopfsteinpflaster zu fahren. Bevor man zur Murr kommt, geht es schon recht steil durch den Ort nach oben, bis man schließlich auf dem Marktplatz ankommt, wo die eigentliche Mauer von Geraardsbergen beginnt. Natürlich geht es ab hier wieder auf Kopfsteinpflaster nach oben. Die Straße wird schmaler, eine Links- und eine Rechtskurve und man ist im berühmten Hohlweg. Auch bei uns Hobbies stehen schon jede Menge Zuschauer an der Strecke, die einen anfeuern und so finde ich noch ein paar Körnchen, die mich die Murr „hochfliegen“ lassen. Kurz vorm Bosberg kann ich wieder zu Mayk aufschließen, den ich vor Geraardsbergen an einer Welle ziehen lassen musste.
Wir fahren den letzten Helling gemeinsam hinauf. Kaum oben angekommen, hat Mayk schon wieder das Blatt drauf und so geht es die letzten Kilometer mit den letzten Kräften dem Ziel entgegen. Nach knapp 10h haben wir unsere Saisoneröffnung auf einer echten Klassikerstrecke hinter uns.
Wer mal richtige Radsportbegeisterung bei Jung und Alt erleben will, der sollte auf jeden Fall einmal nach Flandern fahren. Nicht nur bei den Profis, auch bei den Hobbies sind jede Menge Zuschauer unterwegs. Es ist einfach eine super Atmosphäre.
Also wer kommt nächstes Jahr noch mit?
Danny