+++ Michi eröffnet Radsportwochenende der Picardellics in Waldheim +++ er überlebt die gesamte Distanz und kann noch immer lachen +++ Anja währenddessen in neuer Liebe zu ihrem Helden entbrannt +++ alles weitere dann im Dunkel der heißen Sommernacht +++ Kriterium der erfahrenen Herren in Gröditz lockte Neumi und Luma +++ Luma der Kontrolletti des kleinen Hauptfeldes +++ Neumi stark in der Verfolgergruppe +++ trotz Sturz auf der Zielgeraden sicher auf Platz 9 +++ Taschengeld Bonus noch vorort ausgezahlt +++ 2,5 qm neuer Rückenhaut bereits bestellt +++ 4er Bande im KTABC-Rennen in Guben +++ schmerzhafte 50%ige Reduktion seitens der Picardellics-Männer bereits in der ersten Runde +++ Jantel wach und schnell +++ neuer Flaschenhalter zerbröselt +++ peinliche Schweißränder auf der Hose +++ Mister Zylinder mit rasantem Neueinstieg nach 18 Monaten Kniepause +++ Christian beeindruckt vom Geschwindigkeitsrausch im Jedermannfeld
Schenkendöbern, hier mitten im Niemandsland der Niederlausitz, in der unberührten Natur Brandenburgs wartete ein anspruchsvoller Kurs auf interessierte KTABC-Fahrer .
Aus sehr unterschiedlichen Beweggründen fanden sich 6 Picardellics am frühen Sonntagmorgen, um die prickelnde Herausforderung eines wirklichen Radrennens anzunehmen.
Befürworter kürzerer Belastungen versuchten bereits am Samstag in Waldheim oder am Sonntag in Gröditz ihren Adrenalinpegel im Zuge der jeweils stattfindenden Kriterien abzubauen. Dies sollte den drei Schweißvermeidern nur unzureichend gelingen. Am Samstag scheiterte die vollständige Befriedigung der radsportlichen Gelüste an dem einsetzenden Regen und Notwendigkeit zum pünktlichen Nachtschichtbeginnes. Mit zunehmender Rutschigkeit der regennassen Straße fanden sich für Michi immer mehr Gründe einen Rennabbruch zu erwägen. Sein Abbruch erwies sich mit dem Blick auf einzelne Fahrer, die kopflos Absperrgitter neu anordneten, statt sich auf die anstehende Kurvendurchfahrt zu konzentrieren, als angemessen und richtig.
Neumi hatte am Sonntag noch weniger Glück mit den Fahrkünsten seiner Konkurrenten. Seine Chancen auf die doppelte Punktwertung in der Schlussrunde wurden durch den Sturz seines Vordermannes jäh zunichte gemacht. Er bezahlte sein Vertrauen in die Fahrkünste des DSC teuer mit dem Punktverzicht und großflächigem Hautverlust am Rücken. Auf dem Bauch liegend, surft Neumi inzwischen durch die Weiten des Webs nach einem neuen Rücken, um damit den Punktabstand zu den weiteren Mitgliedern des Picardellics-Master-Teams weiter verkürzen zu können. Die Saison ist noch lang, hier erscheint noch vieles als möglich.
Während Luma und Neumi in Gröditz versuchen ihren Punktestand zu verbessern, wollen sechs Picardellics unbeschwert von Ranglisten, eventuellen Chancen, drohenden Punkten etc. pp. drei Stunden ordentlich Rad fahren. Beim Umziehen auf dem Parkplatz des Rittergutes, ziehen unsere neu hergerichteten Teamfahrzeuge die Blicke der angereisten Starter magisch an. Nicht nur die Blicke werden angezogen, zwei dubios wirkende Gesellen schleichen in konzentrischen Kreisen durchs hohe Gras auf uns zu. Jantel, gewohnt offensiv und kommunikativ, ergreift die Initiative und einen der Burschen am Genick. Bei genauer Betrachtung entpuppt dieser sich als Schnie vom Verein "Kopflos Sport". Schnie hat ein riesiges Problem, er kann seine Startnummer nicht befestigen. Wir helfen selbstverständlich kurzfristig und ohne unnötige Fragen aus. Dirks Riesenpranken drücken Schnies Oberkörper blitzschnell zu Boden, Mister Zylinder und Holger fixieren seine wild zappelnden Beine, gemeinsam mit Jantel stechen wir in kürzester Zeit die acht Sicherheitsnadeln durch die Rückennummer und die Haut von Schnies Taille. Seine Schreie stopft Christians eilig mit zahllosen Socken im neuen Picardellicsdesign.
Zufrieden betrachten wir unser Werk. Schnie klopft sich das Laub von der Brust und spiegelt sich vorsichtig im glänzenden Lack unserer Wagenflotte. Er schüttelt den Kopf. Nein, so möchte er nicht fahren, es ist ihm Anfang Juni noch zu frisch, um ganz ohne Trikot fahren zu können. Enttäuscht fetzen wir die Nadeln wieder ab, öffnen diese und werfen sie ihm mit einem unserer Ersatztrikots zu.
"Hoffentlich geht das gut.", zweifelnd hebe ich den Finger, die Last eines Picardellicstrikots auf den Schultern hat schon schwächlichere Gestalten als den wohlproportionierten Schnie umgeworfen. Wollen wir wirklich Schnie, unseren besten Mann undercover, hier in der brandenburgischen Ödnis verbrennen, hier wo es um nichts als Spaß und Freude beim schnellen Fahren geht?? Meine Kassandrarufe gehen ungehört unter. Versonnen grinsend streichelt Schnie "sein" Trikot und zieht sich schnell, einen Meinungsumschwung befürchtend, zurück.
Der Start zum Eliterennen erfolgt schnell und unkonventionell. Ohne Schüsse, Pfiffe und ellenlanges Gezähle setzt sich das 80-Fahrer starke Feld in Bewegung. Das Tempo geht sofort hoch Aus dem Dorf heraus, wird die Straße deutlich schmaler. Nach der ersten Kurve reduziert sich die Straßenbreite nochmals um die Hälfte. Im Wald von Schenkendöbern ist der verbleibende Asphaltstreifen kaum noch lenkerbreit. 80 Fahrer drängen energisch zur Spitze. Kurve reiht sich an Kurve. Das dichte Unterholz hält alle vorausschauenden Blicke ab. Jede Kurve überrascht aufs neue mit ihrer Richtung und Länge. Die Brandenburger und Berliner Teams tun alles, um das Feld auszudünnen. Schon sehr früh können sich 10 Fahrer absetzen.
Zu dem Zeitpunkt versucht Holger bereits verzweifelt den Anschluss wieder herzustellen. Eine Straßenquerung mit fahrtechnisch anspruchsvoller Rechts-Links-Kombination, schnell gefahren, sorgte zuerst für einen sicheren Standplatz Holgers im Roggenfeld. Danach nahm das Schicksal seinen Lauf: eine lange, am Ende ergebnislose Verfolgungsjagd, starker unerschöpflicher Gegenwind, geringe, zur Neige gehende Kräfte, Abriss, 4 Runden allein hinterm Feld. Wieder waren es 5 Meter, die Holger vom rettenden Feld trennten. 5 Meter, die zwischen Radrennen und einsamen Trainingsrunden entschieden.
Eine Autobahnquerung mit leicht ansteigender Anfahrt und der abschließenden Rückenwindgeraden sorgte auf den 5 Runden für die anhaltendste Selektion im Feld. Während die Steigung immer noch im vernünftigen Pulsbereich angefahren wurde, zeigte sich auf den letzten Metern der Brücke und den folgenden flachen dabei rückenwindigen Kilometern wer hier war, um Spaß am Radrennen zu haben. Eine zweite, kleinere Gruppe setze sich hier ab und jagte der zehnköpfigen Ausreißergruppe hinterher.
Man wollte sich gerade an die bequeme Straßenbreite gewöhnen, da rauschte das Feld bereits das erste Mal über die Ziellinie und tauchte wieder auf den schmalen Wegen in den Niederlausitzer Wald ein.
Das menschliche Gehirn, dieses Wunderwerk an Effizienz, Wahrnehmung und Gelehrsamkeit, lies bereits auf der zweiten Runde einen Hauch von Genuss aufkommen. Die noch in der ersten Runde unübersichtlich erscheinende Streckenführung mit der verwirrenden Anzahl an Kurven und sich verjüngenden Wegen, wirkte nun bereits wesentlich geordneter und lies das Auge entspannt auf der Suche nach Ablenkung durchs Unterholz schweifen. Sinske sorgte an der Spitze immer noch für ein hohes Tempo und konnte sich mit wenigen Mitstreitern an dem einzigen wahrnehmbaren Hügel etwas absetzen. Die Wirkung kurzfristiger Unaufmerksamkeit hatte sich in Obergurig gerade im Bezug auf die fahrerischen Fähigkeiten Sinskes bei mir eingebrannt und so sah ich mich genötigt, den Abstand zu der dritten Ausreißergruppe kleiner werden zu lassen. Ein erster Versuch den Platz im Wind freizumachen schlug fehl. Also weiter im Wind. Geschwindigkeit erzeugt Geschwindigkeit. Und so drückte ich noch ein wenig. Der erhoffte Effekt setzte prompt ein, die zunehmende Sauerstoffschuld lies den hinter mir Fahrenden sämtliche Taktik und Sparsamkeiten vergessen. Er zog an mir vorbei in den Wind.
Eine wilde Jagd entbrannte. Plötzlich hatte jeder Interesse, das Hauptfeld wieder etwas zu vergrößern. Zeitgleich mit Sinske und Co. fiel auch die zweite Ausreißergruppe der schonungslosen Hatz des Feldes zum Opfer. Und danach wurde es gemütlich. Die mitfahrenden Mädels, welche gerade noch am Hügel die Tempovorgabe für den letzten Ausreisversuch gemacht hatten, verloren durch das geringere Tempo das Interesse und zogen sich aus dem aktiven Renngeschehen zurück.
Eine tiefe Stimme schreckte mich aus dem einsetzenden Dämmerzustand "Holgi und Dirk sind raus". Ich war hellwach. Wer redet da mit mir? Wenn die Stimme Recht hat, kann doch niemand mehr dabei sein, der berichtet?? Jantel? Jantel, ist noch dabei und kann reden?? Hallo? Tatsächlich! Der menschliche Körper in Jantels sehr spezifischer Ausprägung hat ein unglaubliches Wunder vollbracht. Er ist dabei (Anmerkung des Autors: Spätestens hier wird dem gespannten Leser, der aufgeregten Leserin klar, weshalb es diesmal keine Bilder von den dramatischen Geschehnissen an der polnischen Grenze gibt und geben wird. Ist das die Sache wert??? Darf sich ein Einzelner derart auf Kosten der interessierten Leserschaft verlustigen?? Hat Jantel zwingend seiner Pflicht zur bildhaften Dokumentation nachzukommen???) und es sind nur noch drei Runden zu fahren
Jantel ist nicht nur dabei, sondern sogar vorn, ganz vorn dabei. Zeitweise macht er sogar Sinske, der immer noch in der Führung wütet, Konkurrenz. Die Temperaturen Anfang Juni veranlassten Dirk, gescheitert an dem Hügel an der Autobahn, sich eine neue Aufgabe zu suchen. Er stand Eingangs der vierten Runde bereit, um uns die Trinkflaschen mit wärmendem Haferschleim zu reichen. Kurz bevor das Feld heran war, wechselte Dirk im Tempo des typischen Brandenburger Feldhasen (lat.: Lepus Dirkus) auf die linke Straßenseite. Jantel, jung und feinmotorisch begabt, griff sich eine Flasche und zog zufrieden ab.
Houdini wäre stolz auf unseren Dirk und die Geschwindigkeit gewesen, in der er Hand und verbleibende Flasche mehrfach wechselte. Linksseitig durch mehrere Schlüsselbeinbrüche und eine infolge fehlender Bewegung während der Heilungsprozesse geschrumpfte Schulterkapsel feinmotorisch gehandicapt, bekam ich die Hand zwar rechtzeitig vom Lenker, um danach jedoch Dirk die Flasche aus der Hand zu schlagen. Der kochend heiße Haferschleim ergoss sich über Hände, Beine der Beteiligten und die Straße. Jetzt würde es hart werden in Anbetracht der herrschenden Temperaturen den Körper mit ausreichender Energie zu versorgen. Ablenkung tat dringend not. Ein kurzer Schwatz mit den weit angereisten Pearls, ein wenig Führungsarbeit mit Sinske, einige frisch gepflückte Gräser fürs Herbarium, halfen mir über die halbe Runde. Dann begann die Zeit stillzustehen. Es wollte sich Langeweile breit machen. Doch da, ein zartes Klackern dringt an mein Ohr. Einer der gesetzteren Cottbuser Fahrer sorgte für Unterhaltung im Feld. Sein auf den ersten Blick ansprechend ausgestattetes Rad, erzeugte eine Geräuschkullise, die an ein Stahl-und Walzwerk erinnerte. Gegen den infernalischen Lärm ankämpfend, erklärte er auf Nachfrage, alles versucht zu haben, die Ursache sei nicht zu ermitteln. Im Duo mit der quietschenden Köpenicker Kette war damit für reichlich musische Abwechslung gesorgt. Der Schall brach sich auf sehr unterschiedliche, aber immer interessante Weise in den Wäldern, wurde von den verschiedenen Asphaltqualitäten unterschiedlich stark reflektiert und verklang in den Weiten endloser Gerstenfelder.
Drei Fahrer verloren, ob des Dauerlärms die Nerven und fuhren davon. Dabei natürlich Sinske, der starke Mann von Neff, ohne jegliche musikalische Ambitionen. Eine Verfolgungsjagd kam in der letzten Runde nicht mehr zu stande und so rette sich das Feld langgezogen, aber geschlossen ins Ziel. Auffällig hier der noch verbliebene Fahrer von "Sportlos Kopf", welcher in der letzten Runde plötzlich auffälliges Interesse an der Spitze des Feldes zeigte. Der Anblick seiner Hose, die aussah, wie sich 30er Sandpapier anfühlt, stachelte das Feld ein letztes Mal zu Höchstleitungen an, man streckte sich und verwies den schweißtriefenden Fahrer auf den Erbsenzählerplatz nahe dem Ende des Feldes.
Noch während wir ausrollten und die pelzigen Zungen mit reichlich Getränken vom Gaumen lösten, näherte sich das Jedermannfeld zum Zielsprint. Ein einzelner Fahrer hatte sich früh abgesetzt und sicherte sich den Sieg. LKT hatte mit seinen zahlreichen Fahrern das restliche Feld fest im Griff, so dass keine koordinierte Verfolgung möglich wurde. Zwei Picardellics schlugen sich wacker im Hauptfeld über die zwei Runden. Christian kämpfte mehr mit seinem Magen-Darm-Infekt als der Strecke, während Mister Zylinder argwöhnisch den Signalen seines carbon-titan verstärkten Knies lauschte.
Nachdem alle Räder verstaut, die vermieteten Kleider eingesammelt und die Flüssigkeitsvorräte aufgefüllt waren, machten wir uns auf den Weg zurück nach Sachsen. Ein Weg gespickt mit Fallen und Hindernissen. Den größten Teil der zahlreich installierten Blitzer hatten wir auf der Anreise bereits eindeutig identifiziert, rechneten jedoch in einem Bundesland welches durch seine Dichte an derartigen Einrichtungen (Fachleute geben eine Größenordnung von 8 Stück pro Straßenkilometer an) eigentümliche Berühmtheit erlangte. Wir werden die in Kürze eingehende Post mit unseren Aufzeichnungen vergleichen und das mühsam gesparte Taschengeld für die Förderung des kommunalen Wohlstandes in Brandenburg ausgeben müssen, befürchtet
Thomas